Freitag, 4. Januar 2013
Aus der Rubrik „Attraktive Männer in Berlin“ Folge 88: Der Familienvater
Das Leben des hippen Berliner Mannes scheint auf den ersten Blick höchst individuell. Er arbeitet – ganz anders als sein Vater - vornehmlich im Medien-, Design- oder Kunstbereich, wohnt in einer spärlich aber geschmackvoll eingerichteten Altbauwohnung und kleidet sich in coolen bis sportlichen Designermarken – meilenweit entfernt von Bürojob, Reihenhaus und grauen Anzügen.

Mit Ende dreißig bekommt der Berliner Mann Kinder, deren Vornamen vom Großvater stammen oder auf A enden, kauft sich eine Eigentumswohnung und geht immer seltener aus. Man war ja schließlich so viele Jahre unterwegs in Bars und Clubs, das reicht jetzt aber, die Bands sind ja auch nicht mehr das, was sie mal waren, und nun, wo die Kinder da sind, kann man ja auch heiraten - die perfekte Beziehung gibt es halt nicht.

Einige zufriedene Jahre später, wenn die Kinder in der Schule sind und der Job gut läuft, spürt der Berliner Mann eine nervöse Unruhe. Plötzlich fallen ihm auf der Straße junge Frauen mit blonden Pferdeschwänzen und taufrischem Lächeln auf. Er fragt seine alten Freunde, ob sie nicht doch mal wieder einen draufmachen wollen, und wundert sich am nächsten Morgen, wenn er nach der Weihnachtsfeier mit der Auszubildenden im Büro gevögelt hat, denn daran ist so gar nichts individuell.

Dabei geht es ihm wie Johnny Depp und fast allen anderen Männern. Es ist es eine jahrhundertealte Geschichte, mit anderem Setdesign, anderen Klamotten und den immer gleichen Gefühlen. Wie auch der englische Dichter Steven Patrick Morrissey früh erkannte: „The story is old, I know, but it goes on“.