Dienstag, 9. Juni 2015
The “Right” in Mr. Right
Wenn man 20 ist, hat man feste Vorstellungen davon, wie „Der Richtige“ zu sein hat – wie er aussehen und welchen Beruf er haben soll, wer seine Freunde sind, dass man die gleichen Filme und die gleiche Musik gut findet und gern in die gleichen Länder reist.

Mit 40 weiß man dann endlich, dass das alles nicht wichtig ist. Es ist schön, gemeinsame Hobbys und Interessen zu haben - aber wichtig ist es nicht. Man weiß, dass man gleichzeitig ins Kino, aber in unterschiedliche Filme gehen kann. Dass man getrennt voneinander verreisen kann. Dass man den Kleidungsstil des anderen nicht mögen kann. Dass man seinen Beruf für latent spießig und seinen besten Freund für langweilig halten kann. Dass man ephemere Gitarrenmusik lieben kann, während er für Slayer schwärmt.

Es ist nur wichtig, dass er einen gut behandelt. Es ist eine Binsenweisheit, für die jede Frau leider etwa 20 Jahre Lebenserfahrung braucht, um sie in ihr Herz einzusinken zu lassen. Dabei wusste das schon die Band Beats International 1990 schnörkellos auf den Punkt zu bringen:
„In the morning
Just be good to me
In the afternoon or evening
Just be good to me”



Attraktive Männer in Berlin Folge 111: Der Politikberater
Man muss sich den Berliner Politikberater als glücklichen Menschen vorstellen. Denn für ihn gibt es keine Trennung zwischen Job und Freizeit, zwischen Freunden und Kollegen. Statt mit seinen Kumpels Fußball zu spielen, sitzt er Sonntags vormittags beim Brunch mit seinen so genannten Kampagneros in einem der geschmacklosen Cafés in Friedrichshain beim Strategie-Meeting und diskutiert die Meilensteine und Zeitfenster der nächsten Kampagne.

Sprüche seines besten Freundes aus Kindertagen wie „Alter, komm ma klar, das Leben besteht doch nicht nur aus Arbeit“ versteht er nicht, denn intrinsisch motiviert wie er ist spürt er keinen Unterschied zwischen Arbeit und Leben, weil es für ihn schlicht keinen gibt. Er leidet nicht mal unter der fehlenden freien Zeit, denn was macht man Sinnvolles damit, wenn die Wäsche gewaschen und der Einkauf erledigt ist? Der Begriff „Muße“ klingt für ihn wie ein Relikt aus dem letzten Jahrhundert, ähnlich anachronistisch wie „Festnetztelefon“ oder „Sendeschluss“.

Frauen lernt der Politikberater allenthalben kennen, da er ständig mit Journalistinnen, Stiftungsmitarbeiterinnen, Parteireferentinnen, NGO-Geschäftsführerinnen, Pressesprecherinnen und Agenturinhaberinnen zu tun hat. Bei der gemeinsamen Projektarbeit ergibt sich hin und wieder eine berufsbegleitende Liebelei mit einer von ihnen, die nie lange hält, weil einfach keine Zeit für Zweisamkeit bleibt.

Keine Frage, der Politikberater hat Spaß an seinem Job. Ein Problem hat er nur dann, wenn er krank wird. Keiner seiner Kampagneros bringt Cola und Salzstangen vorbei und auch die Projektmitarbeiterin hat keine Zeit, weil sie so busy ist. Der Politikberater starrt an die Decke seiner überteuerten, nie fertig eingerichteten Dachgeschoß-Wohnung im Prenzlauer Berg, wundert sich und hofft, dass er ganz schnell gesund wird und das echte Leben wieder anfängt.