Stilgräben
Kann man sich in einen Mann verlieben, der Xavier Naidoo hört? Oder Jogginghosen statt Jeans trägt? Oder eine Diddel-Maus auf dem Nachttisch stehen hat?
In Stilfragen gibt es absolute No-Gos, die kein Mann überschreiten sollte. Auch die Experten der Online-Paarvermittlungsagenturen würden die Hände überm Kopf zusammenschlagen und rufen: „Nein, nein, das geht doch nicht, es muss Einigkeit herrschen, sonst hauen die sich ja spätestens beim Zusammenziehen die Köppe ein!“
Recht haben sie. Es wird schwierig. Mit dem Musik hören, mit dem kritischen Blick aufs Outfit, mit dem Einrichten der Wohnung. Aber verlieben kann man sich sehr wohl. Verliebt hat sich auch der englische König Eduard VIII. in die bürgerliche Wallis Simpson, der Dramatiker Arthur Miller in die Sexbombe Marilyn Monroe und der 20jährige Harold in die 80jährige Maude. Verlieben kann man sich in einen Massai, einen Drogendealer oder gar einen Jura-Studenten aus Bayern.
Der moderne Großstädter schreckt zurück, wenn er all die Dinge beim Anderen sieht, die nicht zu ihm passen, die ihm fremd sind, die er nicht mag, die das Zusammensein kompliziert machen. Während in der Geschichte Paare tiefe Gräben zwischen Standeszugehörigkeit, Ländergrenzen, fremden Kulturen und Altersabständen überwunden haben, wagen heute viele nicht einmal mehr, über ihren eigenen Schatten zu springen. Der potenzielle Partner sollte zum eigenen Stil, zum eigenen Freundeskreis und zum eigenen Lebensplan passen. Dabei muss eigentlich nur eins passen - diese eine komische, ungreifbare, zweckfreie Sache: bedingungslose Zuneigung.
rikscha am 14. August 14
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