Donnerstag, 15. Dezember 2011
Antizyklisch leben
Eigentlich könnte man denken, dass in Berlin antizyklisches Leben gar nicht möglich ist, da die Stadt sowieso aus Parallelgesellschaften besteht, die jeweils ihre eigenen Rhythmen pflegen. Während die einen mit der U-Bahn morgens um sechs müde zur Frühschicht ins Krankenhaus oder auf den Großmarkt fahren, sitzen die anderen auf dem Weg in den nächsten Club verstrahlt daneben. Dennoch gibt es auch in dieser Stadt Möglichkeiten, sich gepflegt neben dem Zeitgeist zu bewegen. Hier einige Anregungen:

• Setzen Sie sich nachmittags um drei mit Bier und Zigarette auf einen Spielplatz am Kollwitzplatz.

• Gehen Sie in weißer Bluse und Seidenhalstuch zu einer Kreuzberger Antifa-Party im Tommy-Weisbecker-Haus. Beim Tanzen stellen Sie Ihr Handtäschchen direkt neben Ihre Füße.

• Kaufen Sie keine Biokost

• Wenn Sie Mutter sind, sagen Sie bei einem Gespräch mit anderen Müttern: „Meine Kinder kommen bei mir erst an zweiter Stelle, wichtiger ist mir im Moment die Karriere.“

• Bestellen Sie stets Filterkaffee.

• Schauen Sie sich im Karli Kino Neukölln „Transformers 3“ an, machen sich währenddessen Notizen und zischen den anderen Kinobesuchern ständig ein „Pssssst“ entgegen. Bleiben Sie außerdem bis zum Ende des Abspanns sitzen.

• Bei einem Date erzählen Sie von sich, dass Sie gern jedes Wort auf die Goldwaage legen und in Beziehungen keinen Wert darauf legen, bei Schwierigkeiten miteinander zu sprechen.

• Sagen Sie in einer Runde von Clubbetreibern, freischaffenden Künstlern und Wagenburgenbewohnern, dass Sie in Immobilien machen, maßgeblich am Bau der neuen Mediaspree-Hotelgruppe beteiligt sind und damit grad echt viel Kohle verdienen.