Mittwoch, 9. November 2011
Warum tragen Senioren immer besch?
Wer in Berlin in den einschlägigen Locations für ältere Menschen unterwegs ist (Friedrichstadtpalast, Treptower Park, Karstadt am Herrmannplatz, Britzer Garten) fällt auf: es scheint einen Senioren-Mainstream-Stil zu geben, der insbesondere von einer Farbe absolutistisch beherrscht wird: besch. Besche Hosen, besche Jacken, besche Blusen, besche Pollunder. Und unglaublicherweise: besche Schuhe. Maximal kombiniert mit Hellblau, Flieder oder einem zart geblümten Tuch, bei dem die Verkäuferin garantiert versichert hat, es sähe "flott" aus.

Eine weitere Ausdrucksform des Senioren-Mainstream-Stils ist der lila-artige Haarton älterer Damen. Sieht man das einzeln, denkt man sich: hoppala, da ist wohl was daneben gegangen. Aber wer aufmerksam ist, merkt: es steckt Prinzip dahinter. Es gibt ganz viele ältere Damen mit diesem Lilaton. Es muss also doch in den einschlägigen Salons die Farbnuance „Soft Aubergine“ geben, die sich sonst nicht mal Friedrichshainer Punks zu tragen trauen.

Tatsache ist: das Stilempfinden der Seniorengeneration bleibt undurchsichtig. Der Teenie-Geschmack ist im Vergleich dazu glasklar: Es gibt Youtube, Justin Bieber und H&M. Ältere aber haben keine Stilvorbilder, obwohl sie immer mehr Geld in der Tasche haben, das ihnen für Modeschnickschnack aus der Tasche gezogen werden könnte. Aber die Werber und Marketingfachleute müssen sich sklavisch nach ihnen richten, denn sie machen was sie wollen. Und anscheinend wollen alle das Gleiche.

Wenn sich all die Hippies, die Halbstarken und die Existenzialisten von früher mit der Zeit in diesem Senioren-Mainstream-Stil homogenisiert haben – wird das auch mit den heutigen Hipstern passieren? Dann würden all die Berghain-Verstrahlten, Friedrichshainer Möchtegern-Anarchos und Medienpenner aus Prenzlauer Berg, die selbst ihr Altglas in designten Jutebeuteln zum Container tragen, in 30 Jahren in Besch und Aubergine rumlaufen. Aber lassen wir ihnen Zeit. Vielleicht wollen sie dann auch alle das Gleiche: ihre Ruhe haben.

Merke: wer beim Lesen des Textes denkt "schreibt man besch nicht beige?", der hat recht und kann mich mal.



Warum attraktive Berliner Männer Frauen nicht ansprechen
Wenn man in der Provinz aufgewachsen ist, ist man vom abendlichen Ausgehen in Etablissements wie dem „Anyway“ oder „Heaven 17“ gewohnt, im Laufe des Abends hier und da angequatscht zu werden. Meist von Bekloppten, aber auch mal von guten Jungs. Nicht so im Berliner Nachtleben. Attraktive Berliner Männer, die lustig und lässig sind, würden das nie tun: fremde Frauen ansprechen. Da kann man noch so einladend an der Theke stehen, lächeln, sich dreimal pro Abend offenherzig zum Klo durchdrängeln oder mit Mörderhüftschwung tanzen. Nichts.

Statt dessen gehen Frauen in Berlin irgendwann gezwungenermaßen dazu über, selbst die Jungs anzusprechen, was entweder in einem tiefen schwarzen Loch voller Langeweile oder in einem Satz von ihm endet wie „Meine Freundin ist Meeresbiologin und kommt aus Venezuela“.

Dabei handelt es sich durchaus um eine kiezabhängige Problematik. Denn es läuft ganz anders, wenn man mal in Neukölln Süd unterwegs ist. Endlich ruft einem mal jemand „geiler Arsch“ oder „willst du misch heiraten“ hinterher. Das ist doch mal was fürs Herz! Wenn man dann wieder zwischen den gelangweilten Typen im Monarch steht, weiß man zumindest um seinen geilen Arsch. Und wenn man das erst mal weiß, dann läuft es plötzlich von allein, die Jungs gucken und lächeln und sprechen sogar und wir erkennen: Es ist nicht der Po, sondern die Pose.